Kalte Schauer liefen den Rücken hinunter, Haßfurter Tagblatt, Di. 10. Dezember 2002
"Halleluja" als Zugabe: Dekanatskantor Göttemann brachte den Messias in die Stadtpfarrkirche St. KilianVon unserem freien Mitarbeiter GÜNTHER STEICHE
HASSFURT. Das hat Haßfurt, das hat die Pfarrkirche St. Kilian noch nie erlebt, ein musikalisches Ereignis erster Klasse. Und die ausführenden Chorsänger und -Sängerinnen stammen nicht von Oper, Rundfunk und Fernsehen, sondern sind Bürger unseres Landkreises, geschult und souverän geleitet von Dekanatskantor Matthias Göttemann, dem Initiator der "Kirchenmusik Haßberge".
Frisch gewagt ist nicht nur halb gewonnen, sondern in diesem Fall ganz und das in einem Maße, dass man nur staunen kann. Wagt sich doch dieser Göttemann an ein Werk, das eigentlich nur Profisängern vorbehalten sein könnte, den Messias von Georg Friedrich Händel. Ein Werk, das höchste Anforderungen stellt, das absolute Konzentration erfordert und totalen Einsatz aller Mitwirkenden. Nicht zu vergessen die Freude am Gesang und gerade in der Adventszeit, die Besinnung auf die Ankunft des Herrn.
Das Orchester Sinfonietta Würzburg bildete die tonliche Grundlage dieses Werkes, über das zwar viel geschrieben wurde, aber meist nur oberflächlich. Das Oratorium für Soli, gemischten Chor und Cembalo wurde erstmals 1742 aufgeführt und zwar zu Gunsten der Insassen im Knast in Dublin.
Die Ouvertüre reißt ein großartiges Klangbild auf und setzt sehr unruhig fort, um die Erlösererwartung der Welt zu kennzeichnen. Mit prophetischen Worten wird der Heiland angekündigt. "Bereitet dem Herrn den Weg", fordert der Tenor. Rezitative, Arien und Chöre steigern die Spannung bis der Chor bekennt: "Denn es ist uns ein Kind geboren". Ein Pifa (Hirtenmusik) bringt Weihnachtsstimmung. Die Trompeten begleiten das Nahen der himmlischen Heerscharen, die Streicher malen das Rauschen der Engelflügel und der Chor fällt ein mit dem Ruf: "Ehre sei Gott in der Höhe". Die Sopranarie "Er weidet seine Herde" ist ein Höhepunkt dieses Oratoriums, das beschlossen wird mit dem bekannten Hallelujasatz, der von Chor und Orchester letzten Einsatz erfordert.
Mir lief es kalt den Rücken hinunter, diese Aufforderung, den Herrn zu preisen, denn Chor und Orchester jubelten um die Wette.
Das war keine Pflichtübung, die Göttemann den Mitwirkenden abverlangte, das war gesungener und musizierter Glaube. Und das war das ungeheure Plus dieses Konzertes, das vielen Besuchern, die in der großen Kirche kaum Platz fanden, noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Die wunderbaren Stimmen der Solisten Veronika Madler (Würzburg) Sopran, Jutta Schubert-Friese (Haßfurt) Alt, Josuko Kodama (Bremen) Tenor, und Uwe Schenker-Primus (Bass), der kurzfristig für den erkrankten Bassisten eingesprungen ist, waren die tragenden Säulen des "Messias".
Matthias Göttemann kann stolz sein auf seine Truppe, ihm gebührt das Lob, Solisten, Chor und Orchester harmonisch zusammengeführt zu haben. Und das Publikum? Das wusste die Leistung zu würdigen, das erlebte den Weihnachtsteil des Oratoriums mit und wollte nicht aufhören mit lautem Beifall.
Was blieb Göttemann übrig. Die Halleluja-Lobpreisung erklang noch einmal zum Dank an die Zuhörer und zum Dank an Gott, der in dieser Adventszeit die Herzen öffnen will.